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Einstein über die orthodoxe Quantenmechanik und die "verborgenen" Parameter

Einleitende Bemerkungen von Roderich Tumulka

Das folgende Zitat soll nicht dazu dienen, sich damit zu brüsten, daß Einstein auch eine "hidden-variables-Theorie" wollte. Vielmehr dient es dazu, Einsteins Gründe dafür zu beleuchten, und vor allem die oft geäußerte These zu widerlegen, Einstein habe sich deswegen zugunsten von "hidden variables" ausgesprochen, weil er ein Determinismus-Fanatiker gewesen sei und um keinen Preis eine indeterministische Theorie glauben wolle.

1955 gab Paul A. Schilpp den Band "Albert Einstein als Philosoph und Naturforscher" heraus, in dem 25 "Erläuternde und kritische Essays über das Werk Albert Einsteins" versammelt sind. Unter den Beiträgen finden sich welche von Sommerfeld, de Broglie, Pauli, Born und Bohr, die sich unter anderem mit der Quantentheorie und Einsteins Haltung dazu befassen. Einstein selbst hat, kurz vor seinem Tod, noch eine Antwort im Umfang von 20 Seiten verfasst, aus der wir hier einen Ausschnitt zitieren, um ihn selbst seinen Standpunkt zur QM darstellen zu lassen. (Für den ungeduldigen Leser habe ich mir erlaubt, die m.E. wichtigsten Passagen farbig hervorzuheben.)

Zitat von Albert Einstein

[...] Ich komme nun zu dem wohl interessantesten Gegenstande, der im Zusammenhang mit den Ausführungen meiner hochgeschätzten Kollegen Born, Pauli, Heitler, Bohr, Margenau unbedingt besprochen werden muß. Sie alle sind fest davon überzeugt, daß das Rätsel von der Doppelnatur aller Korpuskeln (korpuskularer und undulatorischer Charakter) durch die statistische Quantentheorie eine im Prinzip endgültige Lösung gefunden habe. Sie sehen es auf Grund der Erfolge dieser Theorie als erwiesen an, daß eine im Sinne der Theorie vollständige Beschreibung eines Systems um Prinzip nur statistische Aussagen bezüglich der an diesem System meßbaren Größen involvieren könne. Sie sind wohl alle der Ansicht, daß die Heisenbergsche Unbestimmtheitsrelation (deren Zutreffen meiner Ansicht nach mit Recht als endgültig erwiesen betrachtet wird) den Charakter aller denkbaren vernünftigen physikalischen Theorien im Prinzip in dem angedeuteten Sinne präjudizieren. Ich will im folgenden Gründe anführen, die mich davon abhalten, mich dieser Meinung fast aller zeitgenössischen theoretischen Physiker anzuschließen. Ich bin sogar fest davon überzeugt, daß der grundsätzlich statistische Charakter der gegenwärtigen Quantentheorie einfach dem Umstand zuzuschreiben ist, daß diese mit einer unvollständigen Beschreibung der physikalischen Systeme operiert.

Vor allem aber soll der Leser davon überzeugt sein, daß ich den sehr bedeutenden Fortschritt, den die statistische Quantentheorie der theoretischen Physik gebracht hat, voll anerkenne. Auf dem Gebiete der mechanischen Vorgänge - das heißt überall da, wo die Wechselwirkung der Gebilde und ihrer Teile zueinander durch die Setzung einer potentiellen Energie zwischen materiellen Punkten hinreichend genau berücksichtigt werden kann, stellt sie schon jetzt ein System dar, das in seiner Geschlossenheit die überhaupt theoretisch zu erwartenden empirischen Beziehungen zwischen den konstatierbaren Erscheinungen richtig darstellt. Die Theorie ist bisher die einzige, welche den korpuskularen und undulatorischen Doppelcharakter der Materie logisch befriedigend vereinigt, und die in ihr enthaltenen (prüfbaren) Beziehungen sind nach Maßgabe der durch die Unbestimmtheitsrelation gesetzten natürlichen Grenzen vollständig. Die in dieser Theorie gegebenen formalen Zusammenhänge - das heißt ihr ganzer mathematischer Formalismus - müssen wohl in jeder zukünftigen brauchbaren Theorie in Form von logischen Folgerungen enthalten sein.

Was mich an dieser Theorie vom prinzipiellen Standpunkt aus nicht befriedigt, ist die in ihr vertretene Stellung zu dem, was mir als das programmatische Ziel aller Physik erscheint: die vollständige Beschreibung der naturgesetzlich möglichen realen Sachverhalte. Wenn der positivistisch eingestellte moderne Physiker eine solche Formulierung hört, ist seine Reaktion ein mitleidiges Lächeln. Er sagt sich: "Da haben wir die nackte Formulierung eines inhaltlich leeren metaphysischen Vorurteils vor uns, das überwunden zu haben das Hauptverdienst der Physiker in dem letzten Vierteljahrhundert ist. Hat je ein Mensch einen 'realen Sachverhalt' wahrgenommen? Kann überhaupt jemand sagen, er wisse, was unter 'realem Sachverhalt' zu verstehen ist? Wie ist es möglich, daß heute noch ein vernünftiger Mensch glaubt, er könne unsere prinzipiellen Erkenntnisse widerlegen, indem er ein solches blutleeres Gespenst aufmarschieren läßt?" Geduld! Die obige lakonische Charakterisierung sollte nicht dazu dienen, jemanden zu überzeugen, sie sollte nur den Gesichtspunkt andeuten, um den sich die nachfolgenden elementaren Überlegungen zwanglos gruppieren. Dabei will ich so vorgehen: Ich will zunächst an einfachen Sonderfällen zeigen, worauf es mir ankommt, und erst nachher so kurz als möglich auf das Prinzipiell-Begriffliche eingehen.

Wir betrachten als physikalisches System zunächst ein radioaktives Atom von bestimmter mittlerer Zerfallszeit, das praktisch ortsscharf an einem Punkt des Koordinatensystems befestigt sei. Der radioaktive Prozeß besteht in der Aussendung eines (verhältnismäßig leichten) Teilchens. Der Einfachheit halber vernachlässigen wir die Bewegungen des Atoms bzw. Restatoms. Dann können wir das Restatom nach Gamov durch einen Raum von atomistischer Größenordnung ersetzen, der mit einem geschlossenen Wall von potentieller Energie umgeben ist, der das auszusendende Teilchen zur Zeit t=0 einschließt. Der so schematisierte radioaktive Prozeß ist dann bekanntlich im Sinne der elementaren Quantenmechanik durch eine $\Psi$-Funktion in 3 Dimensionen zu beschreiben, welche zur Zeit t=0 nur auf der Innenseite des Walls von null verschieden ist, sich aber im Laufe der positiven Zeiten im Außenraume ausbreitet. Diese $\Psi$-Funktion ergibt die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich das Teilchen zu einer gewählten Zeit in einem ins Auge gefaßten Teil des Raumes befindet (bzw. im Falle einer Ortsmessung dort vorgefunden wird). Die $\Psi$-Funktion impliziert dagegen keine Angabe über den Zeitpunkt des Zerfalles des radioaktiven Atoms.

Nun stellen wir die Frage: Kann diese theoretische Darstellung als die vollständige Beschreibung des Zerfalls eines einzelnen individuellen Atoms aufgefaßt werden? Die zunächst plausible Antwort ist: Nein. Denn man ist zunächst geneigt anzunehmen, daß das einzelne Atom zu einer bestimmten Zeit zerfällt. Ein solcher bestimmter Zeitwert ist aber in der Beschreibung durch die $\Psi$-Funktion nicht impliziert. Wenn also das einzelne Atom eine bestimmte Zerfallszeit hat, so muß mit Bezug auf das individuelle Atom die Beschreibung durch die $\Psi$-Funktion als eine unvollständige Beschreibung aufgefaßt werden. Die $\Psi$-Funktion ist dann als die Beschreibung nicht eines Einzelsystems, sondern einer idealen Systemgesamtheit aufzufassen. Man wird dann zu der Auffassung gedrängt, daß doch eine vollständige Beschreibung des Einzelsystems möglich sein sollte, welche im Rahmen der Begriffswelt der statistischen Quantentheorie keinen Platz hat.

Der Quantentheoretiker wird nun antworten: Diese Erwägung steht und fällt mit der Behauptung, daß es eine bestimmte Zeit des Zerfalls des Einzelatoms tatsächlich gebe. Diese Behauptung ist aber meiner Ansicht nach nicht nur willkürlich, sondern geradezu sinnlos. Die Behauptung der Existenz eines bestimmten Zeitwertes für den Zerfall hat doch nur einen Sinn, wenn ich diesen Zeitwert im Prinzip empirisch feststellen kann. Eine solche Feststellung (die schließlich darauf hinauskommt, die Existenz des Teilchens außerhalb des Kräftwalls nachzuweisen) involviert aber einen endlichen Eingriff in das uns interessierende System, so daß das Ergebnis der Feststellung zu keinem Rückschluß über den Zustand des ungestörten Systems berechtigt. Die Annahme, daß dem einzelnen radioaktiven Atom ein bestimmter Zeitpunkt des Zerfalls zukomme, ist daher durch nichts berechtigt, ebensowenig als die auf diese Annahme gegründete Schlußfolgerung, die $\Psi$-Funktion könne nicht als vollständige Beschreibung des Einzelsystems aufgefaßt werden. Die ganze vermeintliche Schwierigkeit kommt einfach daher, daß man nicht Konstatierbares als "real" setzt. (Dies ist die Antwort des Quantentheoretikers.)

Was mir an dieser Art des Argumentierens nicht gefällt, ist die nach meiner Überzeugung unhaltbare positivistische Grundeinstellung, die mir mit dem Berkeleyschen Grundsatz "esse est percipi" zusammenzufallen scheint. Das "Sein" ist immer etwas von uns gedanklich Konstruiertes, also von uns (im logischen Sinne) frei Gesetztes. Die Berechtigung solcher Setzungen liegt nicht in ihrer Ableitbarkeit aus dem Sinnlich-Gegebenen. Eine derartige Ableitbarkeit (im Sinne einer logischen Deduzierbarkeit) gibt es nie und nirgends, auch nicht in der Domäne des vorwissenschaftlichen Denkens. Die Berechtigung der Setzungen, die für uns das "Reale" repräsentieren, liegt allein in deren vollkommenerer oder unvollkommenerer Eignung, das Sinnlich-Gegebene intelligibel zu machen (der vage Charakter dieses Ausdrucks ist mir hier durch das Streben nach Kürze aufgezwungen). Auf das gewählte besondere Beispiel angewendet, sagt diese Überlegung folgendes:

Man kann nicht einfach fragen: "Existiert ein bestimmter Zeitpunkt für den Zerfall eines Einzelatoms?", sondern nur: "Ist es im Rahmen unserer theoretischen Gesamtkonstruktion vernünftig, die Existenz eines bestimmten Zeitpunktes für den Zerfall des Einzelatoms zu setzen?" Man kann nicht einmal fragen, was diese Setzung bedeutet. Man kann nur fragen, ob eine solche Setzung im Rahmen des gewählten Begriffssystems im Hinblick auf dessen Leistung, das empirisch Gegebene zu erfassen, vernünftig ist oder nicht.

Insofern ein Quantentheoretiker den Standpunkt vertritt, daß die Beschreibung durch eine $\Psi$-Funktion sich nur auf eine ideale Systemgesamtheit, nicht aber auf das Einzelsystem beziehe, kann er ruhig annehmen, daß es einen bestimmten Zeitpunkt des Zerfalls gebe. Wenn er aber die Annahme vertritt, daß seine Beschreibung durch die $\Psi$-Funktion als die vollständige Beschreibung des Einzelsystems aufzufassen ist, dann muß er die Setzung eines Zerfallszeitpunktes ablehnen. Er kann mit Recht darauf hinweisen, daß eine Feststellung des Zerfallszeitpunktes an dem isolierten System nicht möglich sei, sondern Eingriffe erfordere, welche solcher Art sind, daß sie bei einer Beurteilung der Situation nicht vernachlässigt werden dürfen. Aus einer Feststellung, daß der Zerfall bereits stattgefunden habe, könne z.B. nicht geschlossen werden, daß dies auch dann der Fall wäre, wenn jene Eingriffe nicht stattgefunden hätten. Soweit mir bekannt ist, hat zuerst E. Schrödinger auf eine Modifikation dieser Überlegung aufmerksam gemacht, welche eine Interpretation solcher Art als untunlich erscheinen läßt. Statt ein System ins Auge zu fassen, das nur ein radioaktives Atom (und dessen Zerfallsprozeß) enthält, faßt man ein System ins Auge, das auch die Mittel zur Konstatierung des radioaktiven Zerfalles mit einschließt, z.B. einen Geigerzähler mit automatischer Registriervorrichtung. Letztere umfasse einen durch ein Uhrwerk bewegten Registrierstreifen, auf dem beim Ansprechen des Zählers eine Marke erzeugt wird. Dies Gesamtsystem ist zwar vom quantenmechanischen Standpunkte aus sehr komplex und sein Konfigurationsraum von sehr hoher Dimension. Aber der Behandlung dieses Gesamtsystems vom Standpunkt der Quantenmechanik steht kein prinzipielles Hindernis entgegen. Auch hier bestimmt die Theorie die Wahrscheinlichkeit jeder Konfiguration aller seiner Koordinaten für jeden Zeitpunkt. Betrachtet man alle in Betracht kommenden Konfigurationen der Koordinaten für einen Zeitwert, der groß ist gegenüber der mittleren Zerfallzeit des radioaktiven Atoms, so wird es auf dem Papierstreifen (höchstens) eine solche Registriermarke geben. Jeder Koordinatenkonfiguration entspricht eine bestimmte Lage der Marke auf dem Papierstreifen. Da nun aber die Theorie nur die relative Wahrscheinlichkeit der denkbaren Konfigurationen liefert, so liefert sie auch nur relative Wahrscheinlichkeiten für die Lagen der Marke auf dem Papierstreifen, aber keinen bestimmten Ort für diese Marke.

Bei dieser Betrachtung spielt der Ort der Marke auf dem Streifen die Rolle, welche in der ursprünglichen Betrachtung der Zeitwert des Zerfalls spielt. Der Grund für die Einführung des durch die Registriereinrichtung ergänzten Systems liegt in folgendem. Die Lage der Marke auf dem Registrierstreifen ist ein Tatbestand, der ganz der makroskopischen Begriffssphäre angehört, im Gegensatz zu dem Zeitpunkt des Zerfalls eines Einzelatoms. Wenn wir es mit der Auffassung versuchen, daß die quantentheoretische Beschreibung als vollständige Beschreibung des Einzelsystems aufzufassen sei, so sind wir zu der Auffassung genötigt, daß der Ort der Marke auf dem Streifen nichts dem System an sich Zukommendes sei, sondern daß die Existenz dieses Ortes von der Ausführung einer Beobachtung an dem Registrierstreifen im Prinzip abhängig sei. Eine solche Auffassung ist gewiß nicht widersinnig vom rein logischen Standpunkte aus; aber es dürfte kaum jemand geben, der sie ernsthaft in Betracht zu ziehen geneigt wäre. In der makroskopischen Sphäre glaubt man eben sicher zu sein, an dem Programm einer Realbeschreibung von Raum und Zeit festhalten zu müssen, während man in der Sphäre der Erscheinungen, bei denen die Quantenstruktur eine wesentliche Rolle spielt, leichter geneigt ist, dieses Programm aufzugeben bzw. zu modifizieren.

Diese Diskussion sollte nur folgendes zeigen. Man kommt zu sehr unplausiblen theoretischen Auffassungen, wenn man die These aufrechtzuhalten versucht, die statistische Quantentheorie leiste im Prinzip die vollständige Beschreibung eines individuellen physikalischen Systems. Dagegen verschwinden jene Schwierigkeiten der theoretischen Auffassung, wenn man die quantenmechanische Beschreibung als die Beschreibung von Systemgesamtheiten betrachtet.

Zu diesem Ergebnis gelangte ich auf Grund recht verschiedenartiger Überlegungen. Ich bin davon überzeugt, daß jeder, der sich nur die Mühe nimmt, solche Überlegungen gewissenhaft durchzuführen, sich schließlich zu dieser Interpretation der quantentheoretischen Beschreibung gedrängt sieht (die $\Psi$-Funktion ist als Beschreibung nicht eines Einzelsystems, sondern einer Systemgesamtheit aufzufassen).

Roh ausgesprochen lautet dies Ergebnis: Im Rahmen der statistischen Quantentheorie gibt es keine vollständige Beschreibung des Einzelsystems. Vorsichtiger kann man es so sagen: Der Versuch, die quantentheoretische Beschreibung als vollständige Beschreibung der individuellen Systeme aufzufassen, führt zu unnatürlichen theoretischen Interpretationen, die sofort unnötig werden, wenn man die Auffassung akzeptiert, daß die Beschreibung sich auf Systemgesamtheiten und nicht auf Einzelsysteme bezieht. Es wird dann der ganze Eiertanz zur Vermeidung des "Physikalisch-Realen" überflüssig. Es gibt jedoch einen einfachen psychologischen Grund dafür, warum diese naheliegende Interpretation vermieden wird. Wenn nämlich die statistische Quantentheorie das Einzelsystem (und seinen zeitlichen Ablauf) nicht vollständig zu beschreiben vorgibt, dann erscheint es unvermeidlich, anderweitig nach einer vollständigen Beschreibung des Einzelsystems zu suchen; dabei wäre es von vornherein klar, daß die Elemente einer solchen Beschreibung innerhalb des Begriffsschemas der statistischen Quantentheorie nicht enthalten wären. Damit würde man zugeben, daß dies Schema im Prinzip nicht als Basis der theoretischen Physik dienen könne. Die statistische Quantentheorie würde - im Falle des Gelingens solcher Bemühungen - im Rahmen der zukünftigen Physik eine einigermaßen analoge Stellung einnnehmen wie die statistische Mechanik im Rahmen der klassischen Mechanik. Ich bin ziemlich fest davon überzeugt, daß von solcher Art die Entwicklung der theoretischen Physik sein wird; aber der Weg wird langwierig und beschwerlich sein.

Ich denke mir nun einen Quantentheoretiker, der zwar zugibt, daß die quantentheoretische Beschreibung sich auf Systemgesamtheiten und nicht auf individuelle Systeme bezieht, der aber trotzdem daran festhält, daß die Beschreibungsweise der statistischen Quantentheorie in ihren wesentlichen Zügen auch in Zukunft im Prinzip beibehalten werde. Er kann so argumentieren: Ich gebe zwar zu, daß die quantentheoretische Beschreibung eine unvollständige Beschreibung des individuellen Systems ist. Ich gebe sogar zu, daß eine vollständige theoretische Beschreibung im Prinzip denkbar ist. Aber ich betrachte es als erwiesen, daß das Suchen nach einer vollständigen Beschreibung zwecklos wäre. Die Gesetzmäßigkeit der Natur ist nämlich so limitiert, daß die Gesetze im Rahmen unserer unvollständigen Beschreibung vollständig und zutreffend formuliert werden können.

Hierauf kann ich nur so antworten: Dein Standpunkt ist - als theoretische Möglichkeit betrachtet - unanfechtbar. Mir aber erscheint die Erwartung natürlicher, daß die adäquate Formulierung der allgemeinen Gesetze an die Verwendung aller der begrifflichen Elemente gebunden ist, die für eine vollständige Beschreibung nötig sind. Es ist ferner nicht verwunderlich, daß bei Benutzung einer unvollständigen Beschreibung aus dieser in der Hauptsache nur statistische Aussagen zu gewinnen sind. Wenn es gelingen würde, zu einer vollständigen Beschreibung vorzudringen, so würden wohl die Gesetze Beziehungen zwischen deren begrifflichen Elementen darstellen, Beziehungen, die an sich nichts mit Statistik zu tun haben brauchen. [...]



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